Was sagt uns Erasmus von Rotterdam?

 

 

Es geschah in Basel. Seit 1514 lebte Erasmus von Rotterdam dort. Heute ist er uns viel wert, weil er entschiedener Christ war und gleichzeitig die Freiheit liebte. Er verabscheute den Fundamentalismus. Er war der „größte Humanist, der eleganteste Stilist, der beliebteste Satiriker, Pazifist und einer der bedeutendsten Theologen seiner Zeit. Aus ganz Europa wurden ihm Lehrstühle und Kardinalswürden angetragen, die er aber ablehnte.“

Erasmus kann selbst als einer der großen Reformatoren gelten. 1516 hatte er einen großen wissenschaftlichen und publizistischen Erfolg: die Veröffentlichung seiner Ausgabe des Neuen Testaments unter dem Titel „Novum Instrumentum“. Das war also vor 500 Jahren. In Basel feiert man dieses Gedenkjahr sehr ausführlich.

Diese Bibelausgabe von 1516 war mehr als bemerkenswert. Es war die allererste vollständige gedruckte Publikation des Neuen Testaments in der griechischen Originalsprache. Im Mittelalter wurden die alten Texte in immer wieder voneinander und auch von unterschiedlichen Kopien per Hand abgeschrieben. Nun wurden sie zusammengefasst (und auch sanktioniert) und durch den Druck verbreitet. Sein Text blieb dann jahrhundertelang maßgeblich. Dies bedeutet, dass erst 1516 die wichtigsten, heiligsten Texte der Christenheit im Originaltext breit zugänglich wurden. Die Idee war: Bibelstudium für alle, nicht nur für Kleriker!

Bemerkenswert ist, dass der griechische und der lateinische Bibeltext zweispaltig nebeneinander gedruckt wurde. Dies war nicht eben eine Layout-Idee. In der Gegenüberstellung wurde ausgedrückt, dass es nicht einen göttlichen Text gibt, an dem der Glaube hängt, sondern er fußt auf anderen historischen Texten. Erasmus nahm sogar an der lateinischen Fassung Korrekturen vor, um klarer zu formulieren. Was bedeutete das damals? Er „vergriff“ sich an dem Text, welcher der Kirche seit tausend Jahren heilig war, der Vulgata, dem Bibeltext, der auf den Heiligen Hieronymus zurückging.

Martin Luther und seine Helfer wären ohne Erasmus‘ Ausgabe nicht ausgekommen, als sie die Bibel ins Deutsche übersetzten. Erasmus legte damit auch eine der Grundlagen der Reformation Martin Luthers, auch wenn er sich später mit ihm zerstritt.

Bibelübersetzung sind immer auch Textkorrekturen, wie sie Martin Luther aber auch Erasmus vornahmen. Ein Beispiel: Erasmus übersetzte er das traditionelle „Tut Buße!“ nach dem griechischen Original lieber mit „Besinnt euch!“. Das hat durchaus eine andere Bedeutung. Es ist aber insbesondere ein Schlag gegen den kirchlichen Apparat, der mit Bußleistungen gut Kasse machte. Das Leben wurde damit für den Gläubigen nicht einfacher. Er konnte sich nicht einfach mehr Buße erkaufen, sondern musste selber umdenken und seine Sünden bereuen – ganz ähnlich sagte es Martin Luther 1517 in seinen Ablassthesen.

Es war damals eine aufregende Zeit. Warum konnte sich so viel, so grundlegend ändern? Es kamen mehrere Faktoren zusammen, ein aufstrebendes Bürgertum etwa und ein neu geschaffenes Netzwerk von Theologen, Wissenschaftler und Künstlern, die sich gegenseitig beeinflussten Und nicht zuletzt die Tatsache, dass Erasmus einen der besten und innovativsten Drucker fand, Johannes Frobenius, der eine große Investition wagte. Man könnte auch sagen: Medien, Kapital und Ideen verändern die Welt.

Das war 1516. Teil zwei folgt bald: Luther und 1517.

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